Es war für mich ein krönender Abschluss für die Reisen nach Japan und auch wenn mich dieses Land mit Sicherheit wiedersehen wird, blicken meine Augen nun auf andere Länder, die es zu entdecken gilt.
Nach diesem Eintrag verschlägt es mich bis zum Schreiben dieses Posts noch 2019 und jetzt 2024 wieder nach Japan.
Ganz andere Pläne sind für das Jahr 2024 vorbereitet und die Entscheidung einen weiteren Trip nach Japan zu unternehmen wird in den Tagen vor dem Abflug entschieden.
Wochen und Monate bereite ich mich bereits auf einen Motorradtrip nach Norwegen vor. In den letzten Tagen vor der Abfahrt kommen mir Gedanken des Zweifels in den Kopf. Alle Motorradreisen, welche ich je unternommen habe, habe ich gemeinsam mit meinem Motorradkumpel Thomas gemacht. Thomas hatte auf seiner letzten Reise einen Unfall und ist für dieses Jahr ausser Gefecht gesetzt. Es folgt eine Kurzschlussreaktion und wenige Tage vor der geplanten Tour werfe ich alles über den Haufen und buche mir einen Flug und ein Hotel nach Tokyo.
Es ist ein ungewohntes Gefühl, denn normalerweise bereite ich mich äusserst intensiv auf die Japanreisen vor. Diesmal gibt es keinen Reiseführer, welchen ich mir vorab zusammenschreibe. Es bleibt nicht einmal mehr Zeit einen Railpass zu kaufen und einzig eine SIM Karte bestelle ich mir, welche ich am Flughafen in Japan abholen kann. Es ist fast schon ironisch, dass mein letzter Flug vor fünf Jahren ebenfalls nach Japan war.
Nach einem langen direkten Flug von Zürich nach Narita komme ich aus dem Ankunftsgate heraus und fasse erst jetzt wirklich, dass ich wieder nach Japan gekommen bin und bin auch für einen Moment erstmals überfordert, da ich absolut planlos bin. Dennoch funktioniert alles, was ich in Angriff nehme. Meine SIM Karte liegt bereit, Geld wird gewechselt und ich mache mich auf dem Weg zum Narita Express mit meiner SUICA, welche ich von meiner 2013 Reise noch gefunden habe auf der sogar noch ein paar Hundert Yen geladen sind. Es fasziniert mich, dass ich mich mittlerweile relativ einfach durch das Zugsystem navigieren kann und beobachte die Touristen, welche mit fragenden Gesichtern vor den unterschiedlichen Ticketgates stehen. Es ist ein bisschen ein Spiegel zu meinen ersten beiden Reisen.
Die Fahrt zu meinem Hotel verläuft ruhig und selbst Tokyo Station ist nicht so überlaufen. Es ist gut, dass Sonntag ist und ich nicht in eine Arbeitstagrushhour lande. Die Gegend zu meinem Hotel kenne ich einigermassen gut, denn Kawasaki Station ist nur eine Station nach Kamata Station. Ich kann nicht mehr 100%ig sagen, dass ich aus purem Zufall zum vierten Mal in dieser Gegend bin. Ich bin noch etwas zu früh für meinen Checkin und nutze die Stunden, um die nähere Nachbarschaft zu erkunden. Es wird sich in den folgenden Abenden noch viel intensiver zeigen, aber es ist ein Distrikt mit vielen Bars und Clubs. Einige davon werde ich in den nächsten beiden Wochen näher kennen lernen.
Ich erkunde auch die Gebiete um Kamata Station um zu sehen, was sich in den letzten fünf Jahren vielleicht verändert hat. Dabei stosse ich auf das Restaurant, in welchem wir 2019 unsere Abschlussessen abgehalten haben. Es ist früher Nachmittag und offenbar beginnen sie gerade mit den Vorbereitungen für den Abend und ich bin sehr angenehm überrascht, als mich die Kellnerin wieder erkennt mit welcher ich das letzte Mal schon eine so gute Connection hatte, dass wir den Kontakt über die Jahre noch leicht gehalten hatten. Wir verabreden uns für den nächsten Tag zu einem Treffen und es wird bei diesem Treffen allein nicht bleiben.
Es werden sehr schwüle Tage in Japan bei bis zu 35 Grad und ich schwitze mir die Seele aus dem Leib. Da ich keinen Plan habe, verbringe ich die meiste Zeit mit Neighbourhoodwalks in den unterschiedlichsten Gegenden und versuche mich an Restaurants, Cafés und Bars. Ich bin froh, dass ich mir keine Sehenswürdigkeiten ansehen muss, denn durch den aktuell schwachen Yen sind diese so überlaufen, dass ich gar keine Lust habe meine Gedanken aufzufrischen.
Dennoch fallen mir einige Veränderungen auf, welche mich etwas trauriger stimmen. Durch die langen Corona Einschränkungen hat sich die Anzahl an Minirestaurants stark verringert. Speziell um Kamata kannte ich einige kleine Restaurants, welche nicht mehr vorhanden sind.
Das verringert aber nicht meine Freude an meinem Tagestrip nach Nikko. Der Nationalpark wird bei jeder Reise ein Pflichttermin sein und auch diesmal werde ich nicht enttäuscht, als ich neben den Pfaden noch blühende Kirschblütenbäume sehe. In den Bergen ist es ein Wechsel aus kühl und drückend heiss, was mir fast schon Sorge lässt, dass ich mich erkälte. Es kommt nicht dazu und ich kann die Orte welche ich für mich als Pflichtpunkte ansehe in aller Ruhe geniessen. Selbst beim Meji Schrein merke ich zwar die grosse Menge an Touristen, was aber nicht einmal ein Bruchteil von denen in Asakusa ist. Ich schaffe es nicht einmal bis zum Schrein, bevor es mir zu viel ist und ich die Flucht in die angenehm leeren Seitengassen ergreife.
An so manchem Morgen ist es fast schon erschreckend still, obwohl ich bei offenem Fenster schlafe. Die Tage kommen mir länger vor, als sie eigentlich sind, und ich geniesse diese Reise auf mehrere Arten. Das fehlende Programm ist Balsam für meinen inneren Frieden und selbst wenn ich für mich ungewöhnliche Orte wie Disney Sea ausprobiere, verbringe ich gefühlt mehr einen normalen Alltag anstelle einer Reise. Es gibt auch Extremsituationen wie in Kamakura, als es so heiss wurde, dass sogar schon Hitzewarnungen in den Nachrichten durchgegeben wurden und mir so viel Schweiss herunterläuft, dass ich ihn von meinen Armen schütteln kann.
Obwohl ich in der anfangenden Regenzeit hier bin, komme ich ohne signifikante Regenfälle durch die Tage, auch wenn es sehr dichte Dunstwolken gibt. Der grösste Vorteil meines Hotels ist das Ryokan, welches sich am Dach befindet und nur für Hotelgäste zugänglich ist. Da es vom Nachmittag an die komplette Nacht geöffnet hat, verbringe ich viele Nachtstunden im Openair Becken und lausche den leichten Stadtrauschen und beobachte den Nachthimmel.
Leider muss auch diese Reise zu einem Ende kommen und als ich überraschenderweise zum Flughafen begleitet werde, habe ich für einen kurzen Moment die Schwäche, dass ich es über den Haufen werfe und bleibe. Ich komme noch zu Sinnen und starte einen anstrengenden 14 Stunden Flug nach Hause. In Zürich angekommen bekomme ich wieder einmal einen leichten Kulturschock wie anders es in Zügen ist im Vergleich zu Japan, wo jeder darauf bedacht ist, so leise und rücksichtsvoll wie möglich zu sein.
Idealerweise würde ich sagen, dass es nun mit Japan abgeschlossen ist, aber ich denke es ist sicher zu sagen, dass ich wieder kommen werde. Wann und wie weiss ich noch nicht, aber es scheint unausweichlich zu sein, dass sich mein Verlangen nach dieser Insel in Zukunft auch nur ansatzweise verringern wird.