Persien und Zentralasien 2017

Nach vier Monaten hatte ich endlich alle notwendigen Reiseunterlagen zusammen und ich machte mich auf den Weg zu meinem bis dahin größten Abenteuer.

Nach zehnstündiger Reisezeit lande ich in Teheran und werde bereits von meinem Kumpel empfangen, der einen Tag vor mir angekommen ist. Der Weg zu unserem Hotel ist unspektakulär was mitunter wohl daran liegt, dass es zwei Uhr am Morgen ist. Einzig die mehreren Straßenkehrer kommen mir etwas merkwürdig vor und im Laufe der Reise werden mir noch einige Gegebenheiten ein Fragezeichen über den Kopf setzen.

Die Tage in Teheran verlaufen viel zu schnell und die Details der Stadt werden aufgesogen wie ein Schwamm. Eine der angenehmsten Überraschungen sind die Aschura Feiertage, welche das Land in ihrem Bann halten und alle Menschen sind in Festtagsstimmung. Auch wenn manche Bräuche ungewöhnlich für den Westen erscheinen und in dunkleren Gassen etwas beängstigend wirken, zählen die Menschen zu den freundlichsten, die ich in meinem Leben getroffen habe. Die Neugierde an Touristen ist überall präsent und führt dazu, dass wir zu Speis, Trank und sogar Eigenheimen eingeladen werden. Selbst bei einem selbsterlebten Autounfall wartet man nicht lange auf ernstgemeinte Hilfeangebote.

Eine der ersten Autoetappen durch die Wüste entlang des Elburs Gebirges östlich von Teheran ernüchtert meine aus unerklärlichen Gründen hohen Erwartungen an das Fahrerlebnis. Die Straßen sind in einem erstaunlich guten Zustand und erlauben ein zügiges Vorankommen, welches durch einen gut platzierten Polizisten inmitten der Wüste, welcher mir meinen auf dieser Reise ersten Strafzettel wegen zu schnellem Fahren erteilt, ausgebremst wird. Aufgrund der enormen Distanzen, die wir überwinden verbringen wir dennoch einen guten Teil dieser Reise in diversen Autos, die eine Tatsache immer gemeinsam haben: defekte Klimaanlagen. Ab einer gewissen Temperatur hilft hier auch der stärkste Fahrtwind nicht mehr.

Auf dem Weg zum finalen Ziel im Iran, dem Heiligen Schrein des Imam Reza, führt uns unser Weg durch viele kleinere Städte und wir genießen besonders das lokale Essen, welches aufgrund der Feiertage kostenlos in jeder Moschee ausgegeben wird. Nicht nur einmal besteht der örtliche Mullah darauf, dass wir nach dem Essen in der Moschee bleiben um ein paar Koranverse zu zitieren.

Der Heilige Schrein in Maschhad allein ist die Aufwände in den Iran zu kommen wert. Die Gebetshallen sind riesig und mit unglaublich vielen Details verziert und auch an einem Ort an den jährlich Millionen an Pilgern aus aller Welt reisen steche ich als Tourist heraus und komme in diverse Gespräche mit lokalen Gästen. Aufgrund eines Missverständnisses mit dem lokalen Guide bekommen wir Zutritt in die Grabhalle des Imam Reza, der Nicht-Muslimen normalerweise untersagt ist.

Mit Abstand der interessanteste Grenzübergang war in Sarachs zu Turkmenistan. Da wir aufgrund eines kleinen unplanmäßigen Roadtrips im Iran unser Visa um zwei Tage überzogen haben werden wir von einem Grenzbeamten sehr energisch angemacht mit dem schlussendlichen Ergebnis, dass 120 Dollar unsere Probleme lösen. Die Probleme setzen sich jedoch auf der Turkmenischen Seite fort, da ich offenbar einem gesuchten Drogenschmuggler ähnlich sehe und wir drei Stunden lang Fragen beantworten müssen während unsere Koffer und Taschen bis ins kleinste Detail, dass es fast Nordkorea in den Schatten stellt, untersucht werden.

Nachdem wir endlich über die Grenze kommen brauchen wir noch mehrere Stunden bis nach Mary in unser Hotel. Dabei fällt einem in erster Linie auf, dass Turkmenistan nicht einmal im Ansatz gebirgig ist, da bis zum Horizont nicht ein Hügel hervorsticht. Als nächstens sind die etlichen Polizei Checkpoints, durch die man fahren und nicht selten seinen Ausweis vorzeigen muss. Leider muss ich feststellen, dass Turkmenistan nicht sehr viele Attraktionen zu bieten hat, da Genghis Khan nicht viel von alten Zivilisationen übrig gelassen hat. Der Reichtum an Erdgas ist jedenfalls einfach zu sehen, da man überall auf weißen Marmor trifft. Die Spitze ist die Stadt Ashgabat in der die Gebäude ganzer Stadtteile in Marmor verkleidet sind, der nach Rücksprache mit einer Museumsangestellten fast ausschließlich aus Griechenland importiert wurde.

Die Einreise nach Usbekistan verläuft erstaunlich ruhig im Vergleich zur Einreise was offenbar daran liegt, dass Usbekistan ein ausgesprochen beliebtes Land für Touristen mit dem Interesse für die Seidenstraße ist. Auf allen Routen und Städten begegnen wir Touristen, die auf einer ähnlichen Route durch das Land unterwegs sind. Das Essen ist ausgesprochen gut und einige unserer Hotels sind in restaurierten Häusern des Mittelalters untergebracht. In den ersten Tagen gehen wir noch mit einer wahnsinnigen Neugierde in die verschiedenen Mätressen und Moscheen, jedoch setzt nach einer Weile leider eine gewisse Reisemüdigkeit ein, denn selbst wenn die Verzierungen und Bauten jedes für sich wunderschön und außerordentlich eindrucksvoll sind, sind es am Ende nicht die einzigartigen Details, sondern die vielen Parallelen an die man jedes Mal erinnert wird. Leider verlässt uns in Usbekistan auch etwas die Magie unseres Abenteuers, als wir über die Mengen an Touristen blicken, welche sich durch die Städte schieben.

Je weiter wir nach Süden kommen, desto mehr werden wir daran erinnert, dass das größte Erlebnis auf dieser Tour noch vor uns steht. Die vermehrten Militärcheckpoints machen uns darauf aufmerksam, dass die Grenze zu Afghanistan nur mehr wenige 100m vor uns liegt.

In Termiz verbringen wir eine stärkende und dringend notwendige Nacht nach der fast achtstündigen Autofahrt von Samarkand und brechen frühmorgens zum Grenzübergang auf. Nach einigen eher neugierigen Fragen der deutschen Grenzbeamten führt uns die Strecke entgegen unserer ersten Plänen nicht nur an der Grenze entlang, sondern wir fahren in das Landesinnere und es dauert nicht lange bis wir es bereuen. Spätestens eine Stunde nachdem wir im Land waren packten wir jegliche Kameras tief nach hinten in den Kofferraum und versuchen, sofern dies überhaupt möglich ist, nicht wie Touristen auszusehen. Die Anzahl an mit Gewehren bewaffneten Personen mitten auf den Straßen innerhalb sowie außerhalb Kundus ist unfassbar gewaltig. Selbst mit funktionierender Klimaanlage würden mir wahrscheinlich die Schweißperlen von der Stirn laufen. Bis nach Kundus sind die Straßen in einem relativ guten Zustand und man kann davon ausgehen, dass diese relativ neu sein müssen. Der Weg in Richtung der Grenze zu Tadschikistan ist eine komplett andere Geschichte. Die fahrbare Maximalgeschwindigkeit beträgt gefühlte 20km/h, da man allen paar 100m Kratern und sonstigen Löchern ausweichen muss, wobei die am Horizont stehenden Reiter wesentlich weniger stressverursachender sind, als diejenigen welche an einem auf der Straße vorbeireiten. Aufgrund des schlechten Zustandes der Straßen benötigen wir exorbitant länger und kommen kaum voran und einige Stunden später erreichen wir äußerst erleichtert die Grenze. Richtig entspannen konnten wir jedoch wirklich erst eine Stunde landeseinwärts in Tadschikistan.

Nach diesem Erlebnis, welches mich wahrscheinlich fünf Jahre meines Lebens gekostet hat, ist der Abschluss der Reise ein purer Segen und da wir zwei Tage länger im Iran verbracht haben kürzen wir die Autofahrt durch das Pamir Gebirge mit einem Flug von Duschanbe nach Taschkent ab. An meinen halben Tag in Taschkent kann ich mich kaum noch erinnern, auch wenn es der letzte Tag meiner Reise war, da wir einfach nur mehr müde waren und uns schon an die weichen Betten zu Hause gesehnt haben.

Alles in Allem kann man sagen, dass diese Reise definitiv jegliche Erfahrungen wert war, jedoch hat der Durchhänger in Usbekistan etwas die Luft aus den Segeln für die weitere Strecke genommen. Auch wenn in Afghanistan ein sprichwörtlicher Sturm das Schiff beinahe zum Kentern brachte. Alle Personen, die wir auf dieser Reise kennenlernen durften waren ausgesprochen freundlich und offen, mit der Ausnahme des einen Grenzbeamten im Iran … und ich kann diese Länder als Reiseziel nur weiterempfehlen, denn für mich gibt es durchaus noch diverse Punkte auf der Karte, die ich besuchen muss.